Folkeboot bei der Weser-Herbst-Regatta 1960. Foto: DSM
MÜCK 41, Eigenbau im Jahre 1960. Foto: DSM
Norwegische, deutsche und dänische Folkeboote während der Kieler Woche 1960. Foto: DSM
Die Schlichting-Werft zeigt anlässlich der Hamburger Bootsaustellung 1962 zum ersten Mal ein in Deutschland gebautes Nordisches Folkeboot
Nordische Folkeboote während der Kieler Woche 1963. Foto: Die Yacht
Dänisches Folkeboot, Kieler Woche 1961. Foto: DSM
Die Geschichte des
Nordischen Folkebootes
von Klaus Kramer
Teil 4
Die ersten Nordischen Folkeboote in Deutschland

In der Bundesrepublik fanden die nordischen Klinkerboote erstmals 1957 größere Beachtung. Sechs Folkeboote aus Dänemark, darunter ein Eigenbau, traten in diesem Jahr zu einer ausgesprochen stürmischen Kieler Woche an. Die Dänen mussten die Preise unter sich aussegeln, denn in ihrer Klasse nahm kein einziges deutsches Boot an den Regatten teil.

Die Kieler Veranstalter, wie Zuschauer, waren durch die exzellenten Kreuzeigenschaften der dänischen Boote bei Windstärken um 7 und kurzer See verblüfft. Ein deutscher Aushilfssegler, der für einen fehlenden Großschotmann auf einem Folkeboot eingesprungen war, schrieb enthusiastisch: "Ich habe noch kein Boot dieser Größenordnung gesehen, das so vorzüglich im Seegang lag, wie das Folkeboot. Man empfand die recht unangenehme kurze See der Förde überhaupt nicht und hatte nur die ungetrübte Freude des Seesegelns. Trotz der großen Fahrt kam kaum Spritzwasser bis nach achtern. Der Steuermann hätte im Sonntagsanzug segeln können, während auf den Drachen und den Staren kein Faden trocken blieb. [ . . . ]
Erstaunlich ist die Gleichmäßigkeit der Boote. Auf der Sonnabendregatta gingen die vier gestarteten Boote innerhalb von 58 Sek. durch die Ziellinie. Das älteste, der Sieger, war zehn Jahre alt, die anderen verteilten sich altersmäßig bis zum Neubau von diesem Jahr."

Im November des darauffolgenden Jahres wurde das Nordische Folkeboot anläßlich des Hamburger Seglertages vom DSV als 'anerkannte ausländische Klasse' zu Verbandswettfahrten in Deutschland zugelassen. Damals waren gerade sechzehn Folkeboote auf deutsche Eigner registriert bzw. im Bau. Sechs dieser Schiffe hatte die zwei Jahre zuvor gegründeten Bundesmarine als Ausbildungsboote für den Offiziersnachwuchs in Auftrag gegeben - vier bei der Eberhard-Werft in Arnis und zwei bei Karl Vertens in Winning an der Schlei.

Während der folgenden Kieler Wochen konnten stetig steigende Folkebootzahlen registriert werden: 1961 kämpften sechsundzwanzig Folkeboote, zwölf Dänen, zwei Schweden sowie zwölf erfolglose Deutsche, miteinander um Ruhm und Sieg. Am windreichsten Tag der Veranstaltung waren die Folkeboote die einzige Klasse die ihre Rennen, unbeeindruckt von Sturm und kochender Förde, wie geplant durchführten.

Ein Jahr darauf hatte sich die Teilnehmerzahl mit einundfünfzig Booten nahezu verdoppelt.

In den ersten Kieler Wochen nach dem II. Weltkrieg waren die Nordischen Folkeboote die einzige Bootsklasse, bei der auswärtige Mannschaften ihren gesamten Hausstand während der Regattatage an Bord behielten, auf ihren Booten wohnten und schliefen. Erst in späteren Jahren wurde es üblich, während der Regatten die persönliche Habe von Bord zu nehmen und jedes überflüssige Gramm Bootsgewicht einzusparen. Die Mannschaften schliefen jetzt in separaten Begleitfahrzeugen.

1962 brachte die Schlichting-Werft mit großem Werbeeinsatz eine 10er Serie Folkeboote auf den deutschen Markt. Segelklar ausgestattet wurden die nordischen Klinkeryachten für DM 19.950,- ab Werft Travemünde angeboten. Dänische Neubauten waren dagegen bereits für DM 19.000.- zu bekommen.

Die deutschen Boote entsprachen den damals gültigen Klassenvorschriften: für Kielsohle, Vor- und Achtersteven hatte man Eiche verbaut. Die geklinkerte Außenhaut bestand aus 15 mm Kieferplanken. Die eingebogenen Eichenspanten waren mit der Außenhaut kupferfest vernietet. Decksbalken, Balkweger und Schlingen bestanden aus Kiefer. Der Kielballast, 1000 kg Eisenguß, war durch feuerverzinkte Bolzen durch die Kielsohle mit den Bodenwrangen verschraubt. Spiegel, Wasch- und Scheuerleiste, Cockpit- und Kajütaufbauten waren aus Mahagoni gebaut. Wie vorgeschrieben war das 14 mm starke Sperrholzdeck mit Baumwolltuch bespannt. Um Falten zu vermeiden, hatte man den Bezug zunächst verklebt und anschließend mit Spezialfarbe gemalt. Lackierte Decks waren bei Nordischen Folkebooten verboten.

1962 entstand auch auf der Eberhard-Werft an der Schlei eine größere Serie Nordische Folkeboote.

1963 gingen in Kiel 38 Folkeboote an den Start - neunzehn davon aus Deutschland. In diesem Jahr gewinnt zum ersten Mal mit TRUDELMAUS (Eigner Gertrud Kroll / Karl Rehder), ein deutsches Schiff einen Tagessieg über die favorisierten Dänen, die bis dahin die ersten Plätze für sich gepachtet hatten. Auf der Travemünder Woche errang Hein Dahlinger den Ostsee-Goldpokal für Nordische Volksboote. Die klare Favoritenstellung der Skandinavier in der Nordischen Folkeboot-Klasse war damit zum ersten Mal gebrochen.